Sonntag, 12. März 2017

Buchrezension: "Ein plötzlicher Todesfall" von J. K. Rowling

Zur Handlung:
Das beschauliche Örtchen Pagford macht auf Außenstehende einen idyllischen und harmonischen Eindruck, doch hinter der Fassade lassen hat jeder der Einwohner mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen. 
Nach dem plötzlichen Tod von Gemeinderatsmitglied Barry Fairbrother, der sich eines Nachmittags vor dem Restaurants eines Golfclubs ereignet, scheint alles zusammenzubrechen, was er zu seinen Lebzeiten, mit großem Einsatz, versucht hat aufrecht zu erhalten. 
Barry war außerdem der Trainer eines Ruderteams an einer örtlichen Schule & sowohl ein Befürworter der Drogenklinik Bellchapel als auch der heruntergekommenen Siedlung Field, weil er selbst ursprünglich aus ärmlichen Verhältnissen & aus Fields kam, bevor er es mit viel Ehrgeiz da raus geschafft hat. 
Nun braucht der Gemeinderat ein neues Mitglied & für die frei gewordene Stelle kandiedieren drei verschiedene Männer, von denen jeder seine persönlichen Ziele verfolgt. 
Unter anderem soll die Drogenklinik geschlossen & Fields nun endgültig von Pagford getrennt werden.
Neben dem Wahlkampf lernt man die vielen Personen, die alle in irgendeiner Beziehung zueinander stehen & Barry kannten, kennen & bekommt einen Einblick in ihr Privatleben, inklusive der Geheimnisse, der jeder einzelne von ihnen hütet. 
Es war für mich tatsächlich keine leichte Kost. Nachdem ich dieses Buch beendet habe, habe ich ein paar Tage gebraucht um die ganzen Geschehnisse zu verarbeiten, die in diesem Roman beschrieben wurden.
Einerseits fand ich es sehr interessant einen Einblick in das Innenleben einer Kleinstadtgemeinde zu bekommen, andererseits fand ich den Umgang der einzelnen Einwohner miteinander völlig erschreckend.
Anonymität ist Fehlanzeige. In Pagford kennt wirklich jeder jeden. Das heißt jeder tratscht & lästert über jeden, der ihm in den Sinn kommt. Jeder bildet sich direkt ein Urteil über jemanden.
Das Zusammenleben der Kleinstädtlern bzw. Dorfbewohnern ist tatsächlich haargenau so beschrieben worden, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Jedes mal wenn wir mal wieder in dem kleinen Örtchen zu Besuch sind, aus dem mein Freund ursprünglich kommt und indem seine Familie nach wie vor wohnt, wird mir sofort klar, dass ich dort niemals glücklich werden würde. Obwohl ich die Landschaft sehr schön finde und die Ruhe einem das Gefühl gibt die Zeit würde für ein paar wenige Tage anhalten, könnte ich diese permanente Beobachtung der anderen Leute dauerhaft nicht ertragen. Egal wo man da unterwegs ist, man fühlt sich dauernd wie auf einem Präsentierteller und in bestimmte gemeinschaftlichen Orten bekommt man des öfteren das Gefühl, nicht dazu zu gehören.
Solche kleinen Orte kommen mir wie geschlossene Gemeinschaften vor, die Außenstehenden kaum eine Chance geben. Demzufolge stoßt man in solchen Örtchen auch nicht gerade selten auf Fremdenhass und rassistische Bemerkungen hinzugezogenen Personen mit einem Migrationshintergrund. Das was diese Menschen nicht kennen, wollen sie offensichtlich auch nicht haben. Zumindest kommt mir das durch meine persönlichen Beobachtungen so vor. Es ist mir jedoch bewusst, dass man nie alle Menschen über einen Kamm scheren sollte.
Ich bin absolut kein Typ für ein Leben in solch einer Gemeinde, in der jeder Einwohner ständig unter dem Gefühl steht beobachtet zu werden. Ich liebe & brauche die Anonymität. Ich liebe es so sehr durch die Dresdner Innenstadt zu laufen zwischen großen Menschenmassen & zu wissen, dass sich niemand um dein Äußeres oder dein Benehmen schert. Egal was dir heute für ein Malheur passieren mag, es wird sich spätestens morgen keiner mehr daran erinnern können und die Wahrscheinlichkeit dass du dieselben Personen irgendwann wiedersiehst ist ohnehin sehr unwahrscheinlich.
Ich vermute mal, dass mich die Handlungen der Charaktere in diesem Roman erst recht so sehr schockiert haben, weil mir solch ein Zusammenleben völlig zuwider und dazu noch äußerst ungewohnt ist.
In der Geschichte werden sehr häufig Themen wie Intoleranz & das Gefühl des Freiheitsentzugs behandelt. Das junge Mädchen Krystal, ihr 2 jähriger vernachlässigter Bruder & ihre heroinabhängige Mutter werden stets aus der Gemeinde ausgeschlossen & Unterstützung erntet diese Familie täglich nur Hohn & Hass. Außer der neu nach Pagford gezogenen Sozialarbeiterin namens Kay, die diese Familie betreut, interessiert sich keiner für die Hintergründe oder die Ursachen, welche die Mutter in diese Sucht getrieben hatten. Dabei hat mir diese Frau permanent leid getan, die bereits in früher Kindheit Opfer von sexuellem Missbrauch wurde. Und das wüssten die Leute, wenn sie ihr eine Chance geben &  nicht nur den Yankee in ihr sehen würden.
Darüber hinaus hatte ich auch großes Mitleid mit den Jugendlichen, die in diesem Buch näher beschrieben werden. Sowohl mit Andrew der sehr stark unter der häuslichen Gewalt seines Vaters leidet, als auch mit Sukhvinder, die ständig im Schatten ihrer älteren Schwester steht & die ebenfalls stark unter den Mobbing-Attacken ihrer Klassenkameraden leidet.
Es wird auch deutlich wie viele Erwachsene in diesem Ort totunglücklich mit ihrem Leben sind. Samantha Mollison hat das Gefühl in Pagford gefangen zu sein & hält es dort regelrecht nicht mehr aus. Zudem hat sie die dämlichen Bemerkungen der anderen Frauen satt, die sich abfällig über ihr Dessousgeschäft äußern.
Garrit dagegen hat seine Gefühle für die verwitwete Mary eine lange Zeit unterdrückt einfach nur weil er große Angst vor der negativen Reaktion der restlichen Mitbewohner hatte. So ziemlich ähnlich lief es auch zwischen der Gemeindeärztin Parminder Jawanda, die jahrelang in den verstorbenen Barry verliebt war & panische Angst davor hatte, dass es jemand herausfinden könnte.
Ich fand es so unfassbar furchtbar, dass so viele Menschen, große Ängste vor der Missachtung der Gesellschaft in der sie leben, haben & somit gehindert werden zu den Dingen zu stehen, zu denen sie sich hingezogen fühlen.
Besonders unsympathisch war mir Shirley Mollison & ihre tratschende Freundin. Shirley ist eine so furchtbar intolerante Person, dass es mich keineswegs gewundert hat, dass sie ihre eigene Tochter missachtete, nur weil diese in einer homosexuellen Beziehung lebte.
Die meisten Einwohner von Pagford ähnelten schon beinahe einer Parallelgesellschaft, welche nach ihren eigenen Normvorstellungen lebten. Besonders durch die ständige Missachtung der Siedlung Fields, welche Howard Mollison & sein Sohn auf keinen Fall neben Pagford dulden mochte, verdeutlichte das im Laufe der Geschichte ein immer größeres Bedürfnis nach Segregation.
Das Buch hat mir durchgängig sehr gut gefallen, weil mich nur selten eine Geschichte so dermaßen packt & gleichzeitig völlig empört zurücklässt. Ich fand es an so vielen Stellen zum Haare raufen & war gleichzeitig so an den unterschiedlichen Verhaltensmustern der Charaktere interessiert, dass ich mehr über sie erfahren wollte. Es sind sehr viele Charaktere, die alle in irgendeiner Beziehung zueinander stehen & hätte ich mir am Anfang kein Schema auf einem Zettel gemalt, in welcher Konstellation die einzelnen Akteure zueinander stehen, hätte ich beim Lesen große Verständnisprobleme gehabt. Eine kleine Skizze ist also ein kleiner Geheimtipp von mir um die Beziehungen besser begreifen zu können. ;)

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